Bahnhof verstehen, mit Kühen sonnen, durchs Straßenchaos schlendern. Ich möchte in diesem Beitrag mit Augenzwinkern einige Klischeeängste ansprechen, die uns begegnet sind, als wir damals von unserer bevorstehenden Indienreise erzählt haben.
Das war 2012. 3,5 Wochen. 2 Pärchen. 1 halber Arzneischrank. Kein Plan.
„Nie, niemals zu Fuss über die Straße gehen!“
Ich gebe zu, das ist wirklich nicht ganz so ungefährlich für uns Mitteleuropäer. In Indien herrscht nämlich Linksverkehr. Aber das ist nur die eine Seite der Gefahr. Viel gefährlicher ist es, mittendrin auf der befahrenen Straße stehen zu bleiben und panisch vor und zurück zu springen. Beobachtet man also Einheimische Fussgänger, erkennt man, das sie vermeintlich tollkühn durch das Straßenchaos schlendern. In Wahrheit halten sie ihre Schrittgeschwindigkeit konstant langsam, bleiben nie, niemals stehen und werden dadurch für den Rikscha-, Auto oder TukTuk-Fahrer zum berechenbaren Objekt.
„Vorsicht vor den wilden Hunden! „
Stimmt, denn sie sind besonders wild auf den schattigen Platz unter dem Sonnenschirm. Wer seinen Schattenplatz am Strand demnach verloren hat, legt sich am besten zu den sich sonnenden Kühen. Für diese heisst es nämlich life is a beach. Nicht nur am Strand, denn als verehrte Kuh, darf man in Indien sogar den Verkehr lahm legen.
5 Tage Goa und kein Hippie in Sicht. Dafür relaxte Kühe am Strand, auf der Straße, im Wald, vorm Tempel und auf keinen Fall im Curry.
Wer in Goa Angst vor den berüchtigten Moonlightparties hat, fährt mit dem Zug so weit wie möglich in den Süden. Wir waren im entspannten Agonda.
Wer sich auf Mumbais Stadtstrand ein entspanntes Kingfisher Bier gönnen möchte wird enttäuscht sein – offiziell ist hier Alkoholverbot. Dafür gibt es hier an jeder Ecke richtig gute Samosas und gebackenes Gemüse-Tempura.
„Straßenessen ist pfui“.
Nein, es ist hip. Nicht nur in Wien, Berlin und London. Ein frisches Curry vom Markt oder von der indischen Hausfrau schmeckt um Sterne besser als in vielen Restaurants. Einfach, weil es nicht an Touristengaumen angepasst wurde. Meiner Erfahrung nach kann man bedenkenlos alles essen, solang man auf seinen Hausverstand hört. Und falls doch mal etwas schief geht, kommts meistens nicht vom Essen, sondern von den Geldscheinen, mit denen man vorher bezahlt hat… Deshalb denkt an Omi: „Vor jedem Essen, Händewaschen nicht vergessen.“
„Hilfe, ich werde schon wieder fotografiert“.
Okay, diese Angst ist erst im Laufe unserer Reise aufgetaucht. Denn nicht nur wir waren mit unserer Kamera die Fotografen, sondern wir wurden oft zum Fotoobjekt. Ob mit unserer oder einer fremden Kamera: Inder lieben es sich mit einem „Westler“ zu fotografieren. In diesem Urlaub sind wir sicher auf mehreren Familienbildern gelandet und diese Inder bei uns:
„Ich versteh weniger als Bahnhof.“
Zugegeben, die britische Kolonialzeit ist lang her und „the British accent“ ist einer sehr indischen Aussprache gewichen. In Indien ist weniger die Sprache das Problem, als das Verstehen des Busfahrplans, des Zugfahrtickets oder der Taxiroute. Lokale Busse fahren zwar regelmäßig. Man weiss nur nicht wann und von wo. Das ist schließlich auch egal, da man überall zusteigen kann – okay eher zuspringen. Vorausgesetzt man gibt ein Handzeichen. Züge gehen gern von Bahnhöfen weg, die längst geschlossen haben. Schuld hat nicht der geschlossene Bahnhof, sondern das IT-System, welches immer noch den alten Fahrplan ausspuckt. Doch das wichtigste ist, man kommt immer da an, wo man wollte. Und oft lohnt sich der Umweg. In diesem Sinne: Welcome to India, wo alles möglich ist, aber nichts fix ist. Zum Glück.
Quer durch die Nilgiri Hills mit ihren grünen Teeplantagen und der erholsamen frischen Luft, kommt man am besten mit dem Blue Mountain Train, der ältesten Zahnradbahn Indiens. Wir fuhren vom über 2000m hoch gelegenen Bergort Ooty runter nach Mettupalayam. Unser Ziel waren die Backwaters in Kerala.
Mein Tipp: In den Touristenzentren wie Kochi, Alappuzha, Kollam und Kovalam gibt es in jedem Guesthouse, Hostel oder Hotel die Möglichkeit ein Hausboot zu mieten. Meistens kann man es sich sogar vorab ansehen.
Nach 3,5 Wochen in Indien kann ich abschließend mit folgendem Bild sagen:
Toller Beitrag, das letzte Foto sehr amüsant 🙂
Danke, Michael! 🙂